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Beitrag vom 14.11.2016
Preis für Verständigung und Toleranz geht dieses Jahr an Renate Lasker Harpprecht, Anita Lasker Wallfisch und Hasso Plattner
AVIVA-Redaktion
Seit 2002 zeichnet das Jüdische Museum Berlin Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur und Politik aus, die sich auf herausragende Weise um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben. Auch im Kinodokumentarfilm "Wir sind Juden aus Breslau" sind die Schwestern als Protagonistinnen vertreten
Am 12. November 2016 hat das Jüdische Museum Berlin zum 15. Mal den "Preis für Verständigung und Toleranz" verliehen. Die Auszeichnung wurde in diesem Jahr an die Zeitzeuginnen Renate Lasker Harpprecht und Anita Lasker Wallfisch sowie den Unternehmer Hasso Plattner verliehen.
Die Laudatoren waren Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden, für die Schwestern Renate Lasker Harpprecht und Anita Lasker Wallfisch und Henning Kagermann für Hasso Plattner. Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums Berlin, überreichte die Preise.
"Wir setzen uns mit unseren Ausstellungen, Veranstaltungen, der Bildungsarbeit und der Akademie für ein friedliches und respektvolles Miteinander ein, ungeachtet der ethnischen, religiösen oder kulturellen Identität. Dieses ist jetzt notwendiger denn je, dafür steht der Preis für Verständigung und Toleranz und dafür stehen ganz besonders auch die heutigen Preisträger", sagt Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums Berlin.
Der "Preis für Verständigung und Toleranz"
Mit dem "Preis für Verständigung und Toleranz" werden seit 2002 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur und Politik ausgezeichnet, die sich auf herausragende Weise um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben. Der Preis wird traditionell im Rahmen des Jubiläums-Dinners gemeinsam mit der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Jüdisches Museum Berlin e.V. und dem Museum verliehen.
Preisträgerinnen 2016: Renate Lasker Harpprecht und Anita Lasker Wallfisch
Renate und Anita Lasker wurden 1924 und 1925 in eine bürgerliche jüdische Familie in Breslau geboren. Der Vater war Rechtsanwalt, die Mutter Violinistin. Renate lernte Geige, Anita Cello und die ältere Schwester Marianne Klavier zu spielen. Nach der Machtübertragung an die Nazis konnte nur Marianne Deutschland rechtzeitig verlassen, sie ging 1938 nach England. Die geplante Auswanderung der restlichen Familie schlug fehl. Alfons und Edith Lasker wurden im April 1942 nach Izbica bei Lublin deportiert und ermordet, Renate und Anita mussten Zwangsarbeit in einer Papierfabrik in Breslau leisten.
Mithilfe selbst gefälschter Pässe versuchten Renate und Anita Lasker zu fliehen. Sie wurden am Breslauer Bahnhof festgenommen und zu längeren Haftstrafen verurteilt. Im Dezember 1943 wurde Anita nach Auschwitz deportiert. Ihr musikalisches Können rettete sie vor dem Tod, sie wurde als Cellistin in das Lagerorchester aufgenommen. Renate kam kurze Zeit später ebenfalls im Lager an und fand ihre Schwester nur dadurch wieder, dass sie ihre Schuhe wiederkannte. Dank Anitas Stellung im Orchester konnte ebenfalls überleben. Im Oktober 1944 wurden die Schwestern nach Bergen-Belsen verlegt, wo sie schließlich im April 1945 die Befreiung erlebten. Es dauerte mehr als ein Jahr, bis sie nach England auswandern konnten.
Anita Lasker wurde Gründungsmitglied des English Chamber Orchestra. Renate Lasker arbeitete als Journalistin zunächst für die BBC, später für den WDR in Köln und für das ZDF in den USA. 1997 veröffentlichte Anita Lasker Wallfisch ihre Erinnerungen "Ihr sollt die Wahrheit erben", seitdem engagiert sie sich als Zeitzeugin. Auch Renate Lasker Harpprecht, die seit vielen Jahren in Frankreich lebt, berichtete in den letzten Jahren öffentlich über ihre Geschichte.
Aktuell sind Renate Lasker Harpprecht und Anita Lasker Wallfisch als Protagonistinnen im Kinodokumentarfilm "Wir sind Juden aus Breslau" der Berliner FilmemacherInnen Karin Kaper und Dirk Szuszies ("Aber das Leben geht weiter") zu sehen. Kinostart: 17 November 2016. Mehr Informationen zum Film unter: www.judenausbreslaufilm.de
Preisträger 2016: Hasso Plattner
Hasso Plattner, geboren 1944 in Berlin, studierte Nachrichtentechnik und gründete 1972 zusammen mit Dietmar Hopp, Klaus Tschira, Hans-Werner Hector und Klaus Wellenreuter das Software-Unternehmen SAP. In den folgenden Jahrzehnten stieg das Unternehmen zum weltweit führenden Anbieter betriebswirtschaftlicher Software auf und gilt heute mit seinen über 66.000 Mitarbeitern als eines der wichtigsten Unternehmen in Deutschland. 2003 zog sich Hasso Plattner aus dem aktiven Tagesgeschäft zurück. Seitdem ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates und widmet sich der Förderung von Wissenschaft und unternehmerischer Innovation sowie sozialer und kultureller Projekte. Dafür rief er die Hasso Plattner Stiftung ins Leben. Die wichtigsten von der Stiftung finanzierten Wissenschaftsprojekte sind das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam und das Hasso Plattner Institute of Design an der Stanford University. Im Kampf gegen Aids unterstützt die Hasso Plattner Stiftung in Südafrika die University of KwaZulu-Natal, die Universität Kapstadt sowie das Programm Isombululo. Außerdem übernahm die Stiftung die Kosten für das "46664"-Benefizkonzert in Südafrika, mit dessen Erlös die Nelson-Mandela-Stiftung bei ihrem Kampf gegen Aids unterstützt wird. 2013 trat Hasso Plattner der Initiative The Giving Pledge bei, deren Mitglieder versprechen, die Hälfte ihres Vermögens wohltätigen Zwecken zu spenden. Die Hasso Plattner Stiftung beteiligte sich außerdem am Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses und gründete das Museum Barberini Potsdam, in dem ab Januar 2017 die Kunstsammlung Hasso Plattners sowie wechselnde Sonderausstellungen zu sehen sein werden.
Die Preisträger 2002-2015
Mit dem Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin wurden bereits ausgezeichnet: Berthold Beitz, Vorsitzender des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, und Heinrich von Pierer, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Siemens AG (2002), der Bundesinnenminister a. D. Otto Schily und die Verlegerin Friede Springer (2003), der Unternehmer Michael Otto und Bundespräsident a. D. Johannes Rau (2004), der Sammler und Mäzen Heinz Berggruen und der Politiker Otto Graf Lambsdorff (2005), der Generalmusikdirektor der Staatsoper Berlin Daniel Barenboim und der BMW-Manager Helmut Panke (2006), der Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl und der Historiker Fritz Stern (2007), der Unternehmensberater Roland Berger und der ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertész (2008), Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung Robert Bosch GmbH und Christof Bosch, Sprecher der Familie und Mitglied des Kuratoriums Robert Bosch Stiftung GmbH – beide als Vertreter des Hauses Bosch – und der Filmregisseur Michael Verhoeven (2009), der Literaturwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma und der Wirtschaftsmanager Hubertus Erlen (2010), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2011), Klaus Mangold, Vorsitzender des Aufsichtsrates Rothschild, Frankfurt und Moskau, und Bundespräsident a.D. Richard von Weizsäcker (2012), Berthold Leibinger, Gesellschafter TRUMPF GmbH + Co. KG, Ditzingen, und Schauspielerin Iris Berben (2013), Verleger Hubert Burda und Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble, MdB (2014) sowie zuletzt W. Michael Blumenthal, Gründungsdirektor des Jüdischen Museums Berlin (2015).
Quelle/Copyright: Jüdisches Museum Berlin